Der HSV Usedom versucht, aus der Not eine Tugend zu machen. Geld, um ausgebildete Spieler zu verpflichten, ist knapp. Deshalb versucht der Inselklub, Jungs aus dem eigenen Nachwuchs hochzuziehen.
Ahlbeck. Neues Spiel, neues Glück. Nach der phasenweise vor allem kämpferisch überzeugenden Leistung gegen Tabellenführer HC Empor Rostock wartet am Sonnabend der nächste starke Gegner auf die Drittliga-Handballer von der Insel Usedom. Aus Berlin-Reinickendorf reist die Füchse-Reserve an die Küste. Die Mannschaft besteht nahezu komplett aus Spielern, die jünger als 23 Jahre sind.
Ähnlich wie die Bundesliga-Reserve des SC Magdeburg kommen auch die Berliner jung, ehrgeizig und austrainiert in die Pommernhalle. Da heißt es für die Gastgeber erneut, mutig aufzutreten, sich geduldig Chancen herauszuspielen und Fehler zu vermeiden. Der lautstarken Kulisse dürfen sich die Usedomer wieder sicher sein. Für die Jung-Füchse hingegen dürfte das eher ungewohnt sein. Bei ihrem Heimspiel gegen den HC Burgenland (38:29) wurden nur 74 Zuschauer gezählt.
Beim Inselklub sind schon Bambini am Ball
„Ich bleibe optimistisch“, sagt HSV-Chef Ernst-Peter Kaufmann, der Fortschritte bei „seinen Jungs“ erkennt. „Jedes Spiel gegen starke Mannschaften bringt besonders unseren Nachwuchs voran.“ Für den Inselklub gibt es keine Alternativen: Er muss aus wirtschaftlichen Gründen seine jungen Spieler entwickeln – von den Bambini über den Kita-Sport an Sonnabenden, bei dem die Allerjüngsten Kontakt zu den Spielern der 1. Mannschaft haben, bis zum A-Jugend-Meisterteam.
„Eine Top-Ausbildung der jungen Spieler von klein auf sorgt für Identifikation mit unserem Verein und unserer Heimatinsel“, verdeutlicht Patrick Glende. Engagierte Trainer und Betreuer aller Nachwuchsteams hätten Anteil daran, dass im Männerbereich eine starke Mannschaft geformt werden kann. Glende ist 30 und Vereinssportlehrer. Beim HSV trainiert er die A-Jugend und spielt als Kapitän in der Drittliga-Mannschaft. Sein fünfjähriger Sohn Luca ist sein größter Fan und Kritiker zugleich: „Papa, wann gewinnt ihr wieder?“, fragt er derzeit oft.
Spieler von außerhalb zu holen, ist finanziell schwierig
Weil der Klub in einer strukturschwachen Gegend zu Hause ist, ist es immer ein Kraftakt, Spieler von außerhalb zu verpflichten. Deshalb ist die erfolgreiche Arbeit mit dem eigenen Nachwuchs Lebensversicherung des HSV.
Dass der Weg von unten nach oben möglich ist, beweisen Louis Städing (18) und Max Gürgens (23). Die beiden haben die HSV-Nachwuchsteams durchlaufen und spielen mittlerweile erfolgreich bei den Männern. Beim Training der Drittliga-Mannschaft sind regelmäßig weitere HSV-Junioren am Ball. Ihr Ehrgeiz, (mehr) Einsatzzeiten zu bekommen, sei stark, sagt Glende.
„Das große Geld können wir auch künftig nicht zahlen“, betont Klubchef Kaufmann. Doch man freue sich über jeden neuen Sponsor und kümmere sich intensiv darum, dass sich die Spieler auf der Insel wohlfühlen. Sie erhalten vom Verein Unterstützung bei der Ausbildungs- und Arbeits- sowie Wohnungssuche. Der HSV versucht, mit familiärer Atmosphäre zu punkten.
Ehemalige Usedomer Handballer schafften Sprung in Bundesliga
„Wir wissen, dass andere Vereine auf unsere Talente schauen. Abgänge sind Teil des Geschäfts“, weiß Glende. Er erinnert an Johannes Sellin, der von der Insel nach Berlin wechselte, in der DHB-Auswahl spielte und Europameister wurde. Oder an Robert Schulze, den der Handball Sport Verein Hamburg (HSV) von Usedom nach Hamburg lockte. Die Verluste starker Spieler schmerzen. Zugleich adeln sie jedoch den Ausbildungsverein.
Das Spiel gegen die Füchse-Reserve am Sonnabend (Anwurf 19 Uhr, Pommernhalle) wird wieder eine Bewährungsprobe für den HSV Usedom. Für die jungen Handballer, wie Louis Städing, der im Duell gegen Empor sehr präsent war und doppelt traf, geht es darum, sich bei den Männern zu behaupten und im Team weiter „festzuspielen“.
Gute Nachricht von Torwarttrainer Ulli Rosche-Hauwetter: Usedoms langjähriger Stammkeeper Lech Krynski, der zuletzt verletzungsbedingt nur noch sporadisch eingesetzt werden konnte, ist am Montag in Altentreptow erfolgreich an der Hüfte operiert worden. Inzwischen erholt er sich in Swinemünde. Wann er ins Tor des HSV zurückkehren kann, hängt vom Heilungsverlauf ab. Bis dahin stehen Maik Hintze und Sebastian Antczak im HSV-Tor.
Steffen Adler