Wer hätte das gedacht? Der Tabellenzweite, der HSV Insel Usedom, spielt beim Schlusslicht der Handball-Oberliga, dem Bad Doberaner SV, nur 31:30. Der Sieg gelingt erst spät – in der letzten Minute.
Ahlbeck

Nach dem Abpfiff war die Erleichterung groß, kannte der Jubel keine Grenzen: Die Oberliga-Handballer des HSV Insel Usedom sind beim Bad Doberaner SV denkbar knapp an einer unliebsamen Überraschung vorbeigeschrammt. Vor mehr als 300 Zuschauern – darunter auch einige HSV-Fans – setzte sich der Tabellenzweite nach einer Aufholjagd im zweiten Abschnitt mit 31:30 (13:14) durch. Den entscheidenden Treffer markierte Patrick Schmidt 22 Sekunden vor Ultimo.

„Ich habe immer vor den Doberanern gewarnt“, sagte Nico Heidenreich nach der spannenden und teilweise auch gutklassigen Partie. Der HSV-Trainer hatte dabei vor allem die vergangene Saison im Hinterkopf, als die Insulaner in Bad Doberan 30:31 verloren und in Ahlbeck glücklich mit 29:28 gewannen. Aufgrund der Tabellensituation waren die Gäste diesmal allerdings klar favorisiert, wurden dieser Rolle aber nur selten gerecht.

Nach einer ersten Halbzeit mit wechselnden Führungen, in der sich keine Mannschaft absetzen konnte, geriet Heidenreichs Truppe nach der Pause vorübergehend völlig aus der Spur. Innerhalb von viereinhalb Minuten machten die Einheimischen aus dem 14:13-Pausenstand eine 18:13-Führung (35.) – die Halle bebte. Es spricht für den HSV, dass er danach kühlen Kopf bewahrte und die plötzlichen Fehler der Hausherren eiskalt bestrafte. Nur acht Minuten später hieß es 20:20 – die Partie war wieder offen.

DSV-Coach Lars Rabenhorst, einst als Spieler Publikumsliebling in Ahlbeck, monierte zurecht die „dummen Zweiminutenstrafen“, die sein Team in dieser Phase kassierte. Innerhalb von drei Minuten (37. bis 40.) dezimierten sich die Einheimischen dreimal selbst, mussten über 100 Sekunden sogar in doppelter Unterzahl agieren. Diese „Einladung“ ließen sich die cleveren Gäste, die allerdings zeitweilig recht ratlos gegen stark kämpfende Münsterstädter wirkten, nicht entgehen.

Während die Gastgeber in der dramatischen Schlussphase mehr und mehr Fehler produzierten und allzu leichtfertig mit ihren Konterchancen umgingen, warf der HSV, der mit Dariusz Zajac, Alexander Leow, André Machel und Robin Kellermann vier Akteure aus unterschiedlichen Gründen ersetzen musste, die letzten Reserven in die Waagschale. Zwar lagen die Usedomer bis zum 30:29 (58.) für den DSV permanent mit einem Tor im Hintertreffen, doch in den letzten Minuten waren sie den entscheidenden Tick cleverer.

Dass sie so lange im Rennen blieben, verdankten sie insbesondere Marcus Deutsch, der fünf seiner sechs Treffer in den letzten zwölf Minuten erzielte, wobei es die jetzt schwächelnde DSV-Abwehr dem 25-Jährigen viel zu einfach machte. Deutsch war es egal: „Wir haben ein bisschen mehr Kraft gehabt“, freute er sich, während Christopher Neidel lakonisch anmerkte: „Man muss auch mal einen dreckigen Sieg mitnehmen.“ Nicht mehr und nicht weniger haben die Insulaner in Bad Doberan getan.

Bad Doberaner SV: Prothmann, F. Voigt – S. Voigt 5/3, Rasch 2, Traub 2, Jahn 1, Stöwsand 1, Sachse, Glaser 2, Meyer 3, Schulz 5, Holst, Lehwald 3, Vizhbovskyy 6.

HSV Insel Usedom: Krynski, Küster – Schmidt 5, Glende 5, Loof 9/3, Nowomiejski 2, Wicht 2/2, Deutsch 6, Gürgens, Dübner, Neidel 2.

Siebenmeter: DSV 4/3, HSV 7/5.

Strafminuten: DSV 14, HSV 4.

Burkhard Ehlers